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Abelmoschus – ein Fallbeispiel

Von Pavol Tibensky

Ein junges Mädchen, 1996 geboren. Die Erstanamnese fand 2002 statt. Seit ihrer Geburt leidet sie unter einem schlechten Körpergeruch, der von ihren Beinen zu kommen scheint. Sie schwitzt reichlich, der Schweiß riecht sehr unangenehm, frisst sich jedoch nicht in den Stoff ihrer Söckchen und die Wäsche färbt er auch nicht. Sie fürchtet sich vor Spinnen, abends sind die Ängste am schlimmsten. Auf den Handinnenflächen hat sie ein Ekzem.

September 2004: Das Mädchen ist schüchtern, möchte nicht antworten und lächelt nur. Manchmal ist ihr Lachen unangemessen. Die Mutter erzählt, ihre Tochter sei schnell beleidigt, ungehorsam und hyperaktiv. Sie reagiert sehr empfindlich auf Berührung und auf Schmerz, bei jeder kleinen Verletzung schreit sie unerträglich laut. Sie muss alles anfassen. Sie hat kein Gespür für gefährliche Situationen, z. B. im Umgang mit Messern etc. Sie fürchtet sich vor Spinnen und Fliegen, die Ängste hat sie meist am Abend. Sie kann deswegen nicht einschlafen. Sie hat Angst davor abends alleine zu sein und verlangt, dass ihre Großeltern da sind, um sie zu halten. Sie sagt: „Da sind Spinnen in der Ecke.“ Sie verlangt, dass alle Ecken inspiziert werden, unter dem Bett, an den Fenstern und unter dem Kopfkissen muss nachgeschaut werden. Die Angst ist so große, dass ihre Augen weit aufgerissen sind und ihr die Angst ins Gesicht geschrieben steht. Sie muss dann mit der einen Hand die Hand der Großmutter halten, mit der anderen die Hand des Großvaters. „Wir sind bei ihr im Bett von 20 Uhr bis 23 Uhr - oder länger. Dann ist sie erschöpft und kurz vor Mitternacht schläft sie dann ein. Das letzte Mal, als wir hier in der Klinik waren, musste sie auf Toilette. Zuerst mussten wir alle drei Kabinen untersuchen, damit nicht irgendwo eine Spinne sitzt. Ich muss sie ohrfeigen“ erzählt die Großmutter. „Sie muss oft auf die Toilette zum Stuhlgang. Beim Baden haben wir die gleichen Probleme: Wir müssen in allen Ecken nachschauen und dann weigert sie sich, doch zu baden, weil im Abfluss eine Spinne oder Fliege sitzen könnte.“

Das Mädchen schwitzt im Schlaf stark am Kopf. Trotz aller Aufregungen am Abend schläft sie tief und fest bis zum Morgen. Sie träumt nicht. Sie schläft auf der Seite, egal, ob links oder rechts. Sie hat viel Durst und verlangt meist nach eisgekühlten Getränken. Sie mag Milch, Salziges und könnte ständig Süßigkeiten naschen.

Sie hat einen Juckreiz an den Handflächen und Fingern, die Handinnenflächen sind mit Pusteln bedeckt. Die Fingerspitzen sind wie aufgequollen, die Bläschen reihen sich in einer Linie aneinander.

Analyse:
Das Mädchen zeigt die typischen Symptome von Abelmoschus. Im Synthesis 9 gibt es 68 Rubriken und fast alle Gemüts-Rubriken sind abgedeckt. Es gibt keine Rubrik im Kapitel ‚Haut‘ und nur wenige Rubriken im Zum Artikel passendes Buch Kapitel ‚Extremitäten‘. Die Schwellungen an den Händen passen nicht ganz. Das Verlangen nach eisgekühlten Getränken finden wir in Murphys Materia Medica.

Folgende Gemüts-Rubriken werden durch das Mittel abgedeckt:

GEMÜT – FURCHT – Spinnen, vor
GEMÜT – WAHNIDEEN – Insekten, sieht
GEMÜT – FURCHT – Tieren, vor
GEMÜT – FURCHT -  nachts
GEMÜT – FURCHT – Fliegen, vor/einziges Symptom

Follow-up:
Verordnetes Mittel: Abelmoschus C200; nach zehn Tagen ging es besser, aber noch nicht komplett gesund. Das Mittel wurde zwei Wochen später wiederholt, zeigte aber keine Wirkung.
In der folgenden Woche: Abelmoschus 1M. Sie ist vollständig gesund. Alle Ängste sind verschwunden. Sie geht abends um 20 Uhr schlafen - alleine; sie muss nicht mehr begleitet werden. Ungehorsam ist sie immer noch, ihre Mutter muss alles zehnmal sagen, bevor sie hört. Das Gehör ist aber normal. Sie hat noch Angst in der Schule oder an anderen öffentlichen Orten auf die Toilette zu gehen, z. B. wenn sie wegen des kleinen Bruders in die Klinik gehen müssen. Sie ist nicht eifersüchtig auf ihre Geschwister. Das Ekzem ist fast vollständig weg, sie hat nur noch eine leichte Schuppung an den Fingern. Ihre Füße riechen nicht mehr so stark.
Verordnetes Mittel: Abelmoschus 1M

Kommentar:
Ein tieferes Verständnis des Falles lässt dich durch die Empfindung der Malven-Familie (Malvaceae) erschließen. Die Gemütssymptome stimmen damit überein. Die Hautsymptome sollten mit denen von Gossypium verglichen werden, welches zur gleichen Familie gehört. Bei Baumwollpflückern treten während der Ernte ähnliche Ausschläge und Schwellungen auf.
Den Symptomen des Mädchens sollte man Aufmerksamkeit schenken, sie macht einen leicht törichten Eindruck. Früher hat sie sich vor Spinnen gefürchtet, besonders als das erste Geschwisterchen geboren wurde. Die Mutter ist jetzt wieder schwanger (September 2004) und die Symptome sind wieder stärker geworden. Ein Gespräch mit einem Psychiater hatte nicht gefruchtet.
Wie geht sie mit dieser Situation um? Sie ist sehr kindisch und fordernd. Für Kinder ist das normal. Ihr Reaktionsmuster ist instinktiv und panisch. Es geht aber nicht nur um Panik, denn in ihrer Reaktion wird sie sehr aktiv; sie muss sich anstrengen um die Situation bewältigen zu können. Die Aktivität selbst ist nicht schwierig: sie schaut in alle Ecken und unter das Bett etc. Sie braucht die Unterstützung anderer, weil sie Zweifel hat, weil sie nicht weiß, ob sie mit der Situation alleine fertig werden würde. Es sind also Aspekte des akuten und des psorischen Miasmas vorhanden und das führt uns zum Typhus-Miasma.

Ihre Ängste kommen durch Empfindlichkeiten zum Ausdruck. Es geht nicht um die Furcht vor dem Verlust der Struktur, welches typisch für das Mineralreich ist. Es gibt nicht nur ein Problem, sondern mehrere. Aber es geht hier auch nicht um das Thema ‚Ich gegen den Anderen‘, wie wir es im Tierreich vorfinden. Sie sieht Spinnen und Fliegen, ja, aber sie denkt nicht über die Konsequenzen nach, z. B. über Angriff oder Verletzung. Sie hat einfach nur Angst. Angst ist eine Empfindung, eine Wahnidee.
Sie muss sich auf der einen Seite an der Hand der Großmutter festhalten und auf der anderen an der Hand des Großvaters. Dies ist sehr wichtig, um das Mittel abschließend zu bestätigen - wir wussten, dass sie ein Mittel aus dem Pflanzenreich brauchte. Wir wussten auch, dass es zum Typhus-Miasma gehören musste.
Hier können wir ihre Empfindung erkennen: Sie möchte sich an etwas festhalten.

Miasma; Mittel; Empfindung
Akuter Schock, Panik; als sei sie losgelöst
Typhus; Abel; Verlangen, festgehalten zu werden

Autor:
Pavol Tibensky
E-mail: tibus@stonline.sk

--------------------------------------------------------------------------

Kategorie: Fälle

Schlüsselwörter: Furcht vor Spinnen, Ekzem, stinkende Füße

Mittel: Abelmoschus

Originalartikel: interhomeopathy.org

Abelmoschus – ein Fallbeispiel

Von Pavol Tibensky

Ein junges Mädchen, 1996 geboren. Die Erstanamnese fand 2002 statt. Seit ihrer Geburt leidet sie unter einem schlechten Körpergeruch, der von ihren Beinen zu kommen scheint. Sie schwitzt reichlich, der Schweiß riecht sehr unangenehm, frisst sich jedoch nicht in den Stoff ihrer Söckchen und die Wäsche färbt er auch nicht. Sie fürchtet sich vor Spinnen, abends sind die Ängste am schlimmsten. Auf den Handinnenflächen hat sie ein Ekzem.

September 2004: Das Mädchen ist schüchtern, möchte nicht antworten und lächelt nur. Manchmal ist ihr Lachen unangemessen. Die Mutter erzählt, ihre Tochter sei schnell beleidigt, ungehorsam und hyperaktiv. Sie reagiert sehr empfindlich auf Berührung und auf Schmerz, bei jeder kleinen Verletzung schreit sie unerträglich laut. Sie muss alles anfassen. Sie hat kein Gespür für gefährliche Situationen, z. B. im Umgang mit Messern etc. Sie fürchtet sich vor Spinnen und Fliegen, die Ängste hat sie meist am Abend. Sie kann deswegen nicht einschlafen. Sie hat Angst davor abends alleine zu sein und verlangt, dass ihre Großeltern da sind, um sie zu halten. Sie sagt: „Da sind Spinnen in der Ecke.“ Sie verlangt, dass alle Ecken inspiziert werden, unter dem Bett, an den Fenstern und unter dem Kopfkissen muss nachgeschaut werden. Die Angst ist so große, dass ihre Augen weit aufgerissen sind und ihr die Angst ins Gesicht geschrieben steht. Sie muss dann mit der einen Hand die Hand der Großmutter halten, mit der anderen die Hand des Großvaters. „Wir sind bei ihr im Bett von 20 Uhr bis 23 Uhr - oder länger. Dann ist sie erschöpft und kurz vor Mitternacht schläft sie dann ein. Das letzte Mal, als wir hier in der Klinik waren, musste sie auf Toilette. Zuerst mussten wir alle drei Kabinen untersuchen, damit nicht irgendwo eine Spinne sitzt. Ich muss sie ohrfeigen“ erzählt die Großmutter. „Sie muss oft auf die Toilette zum Stuhlgang. Beim Baden haben wir die gleichen Probleme: Wir müssen in allen Ecken nachschauen und dann weigert sie sich, doch zu baden, weil im Abfluss eine Spinne oder Fliege sitzen könnte.“

Das Mädchen schwitzt im Schlaf stark am Kopf. Trotz aller Aufregungen am Abend schläft sie tief und fest bis zum Morgen. Sie träumt nicht. Sie schläft auf der Seite, egal, ob links oder rechts. Sie hat viel Durst und verlangt meist nach eisgekühlten Getränken. Sie mag Milch, Salziges und könnte ständig Süßigkeiten naschen.

Sie hat einen Juckreiz an den Handflächen und Fingern, die Handinnenflächen sind mit Pusteln bedeckt. Die Fingerspitzen sind wie aufgequollen, die Bläschen reihen sich in einer Linie aneinander.

Analyse:
Das Mädchen zeigt die typischen Symptome von Abelmoschus. Im Synthesis 9 gibt es 68 Rubriken und fast alle Gemüts-Rubriken sind abgedeckt. Es gibt keine Rubrik im Kapitel ‚Haut‘ und nur wenige Rubriken im Zum Artikel passendes Buch Kapitel ‚Extremitäten‘. Die Schwellungen an den Händen passen nicht ganz. Das Verlangen nach eisgekühlten Getränken finden wir in Murphys Materia Medica.

Folgende Gemüts-Rubriken werden durch das Mittel abgedeckt:

GEMÜT – FURCHT – Spinnen, vor
GEMÜT – WAHNIDEEN – Insekten, sieht
GEMÜT – FURCHT – Tieren, vor
GEMÜT – FURCHT -  nachts
GEMÜT – FURCHT – Fliegen, vor/einziges Symptom

Follow-up:
Verordnetes Mittel: Abelmoschus C200; nach zehn Tagen ging es besser, aber noch nicht komplett gesund. Das Mittel wurde zwei Wochen später wiederholt, zeigte aber keine Wirkung.
In der folgenden Woche: Abelmoschus 1M. Sie ist vollständig gesund. Alle Ängste sind verschwunden. Sie geht abends um 20 Uhr schlafen - alleine; sie muss nicht mehr begleitet werden. Ungehorsam ist sie immer noch, ihre Mutter muss alles zehnmal sagen, bevor sie hört. Das Gehör ist aber normal. Sie hat noch Angst in der Schule oder an anderen öffentlichen Orten auf die Toilette zu gehen, z. B. wenn sie wegen des kleinen Bruders in die Klinik gehen müssen. Sie ist nicht eifersüchtig auf ihre Geschwister. Das Ekzem ist fast vollständig weg, sie hat nur noch eine leichte Schuppung an den Fingern. Ihre Füße riechen nicht mehr so stark.
Verordnetes Mittel: Abelmoschus 1M

Kommentar:
Ein tieferes Verständnis des Falles lässt dich durch die Empfindung der Malven-Familie (Malvaceae) erschließen. Die Gemütssymptome stimmen damit überein. Die Hautsymptome sollten mit denen von Gossypium verglichen werden, welches zur gleichen Familie gehört. Bei Baumwollpflückern treten während der Ernte ähnliche Ausschläge und Schwellungen auf.
Den Symptomen des Mädchens sollte man Aufmerksamkeit schenken, sie macht einen leicht törichten Eindruck. Früher hat sie sich vor Spinnen gefürchtet, besonders als das erste Geschwisterchen geboren wurde. Die Mutter ist jetzt wieder schwanger (September 2004) und die Symptome sind wieder stärker geworden. Ein Gespräch mit einem Psychiater hatte nicht gefruchtet.
Wie geht sie mit dieser Situation um? Sie ist sehr kindisch und fordernd. Für Kinder ist das normal. Ihr Reaktionsmuster ist instinktiv und panisch. Es geht aber nicht nur um Panik, denn in ihrer Reaktion wird sie sehr aktiv; sie muss sich anstrengen um die Situation bewältigen zu können. Die Aktivität selbst ist nicht schwierig: sie schaut in alle Ecken und unter das Bett etc. Sie braucht die Unterstützung anderer, weil sie Zweifel hat, weil sie nicht weiß, ob sie mit der Situation alleine fertig werden würde. Es sind also Aspekte des akuten und des psorischen Miasmas vorhanden und das führt uns zum Typhus-Miasma.

Ihre Ängste kommen durch Empfindlichkeiten zum Ausdruck. Es geht nicht um die Furcht vor dem Verlust der Struktur, welches typisch für das Mineralreich ist. Es gibt nicht nur ein Problem, sondern mehrere. Aber es geht hier auch nicht um das Thema ‚Ich gegen den Anderen‘, wie wir es im Tierreich vorfinden. Sie sieht Spinnen und Fliegen, ja, aber sie denkt nicht über die Konsequenzen nach, z. B. über Angriff oder Verletzung. Sie hat einfach nur Angst. Angst ist eine Empfindung, eine Wahnidee.
Sie muss sich auf der einen Seite an der Hand der Großmutter festhalten und auf der anderen an der Hand des Großvaters. Dies ist sehr wichtig, um das Mittel abschließend zu bestätigen - wir wussten, dass sie ein Mittel aus dem Pflanzenreich brauchte. Wir wussten auch, dass es zum Typhus-Miasma gehören musste.
Hier können wir ihre Empfindung erkennen: Sie möchte sich an etwas festhalten.

Miasma; Mittel; Empfindung
Akuter Schock, Panik; als sei sie losgelöst
Typhus; Abel; Verlangen, festgehalten zu werden

Autor:
Pavol Tibensky
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Kategorie: Fälle

Schlüsselwörter: Furcht vor Spinnen, Ekzem, stinkende Füße

Mittel: Abelmoschus

Originalartikel: interhomeopathy.org



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